Riccardo Del Fra
Sein Spiel vereint Poesie mit Feinheit und Fantasie mit Energie
Nur ein Ernstfall verlangt danach, ein neues Album aufzunehmen - es gibt schon so viele großartige - sagt "einer der meist geachteten Kontrabassisten der Jazzwelt"
Bio
Riccardo Del Fra studierte am Konservatorium von Frosinone unter anderem bei Franco Petracchi und Franco Noto. Schon bald spielt er auf Jazz Konzerten und beginnt mit dem RAI Orchester in Rom aufzunehmen. Er tritt mit einer Reihe von italienischen Musikern auf und wird bald ein gefragter Begleiter für eine Vielzahl bekannter Solisten wie Art Farmer, Dizzy Gillespie, Art Blakey, Sonny Stitt, James Moody, Lee Konitz, Tommy Flanagan, Kai Winding, Clifford Jordan, Horace Parlan, Joe Diorio, Kenny Wheeler, Paul Motion, Dave Liebman. Als Bassist begleitet der die unterschiedlichsten Bands wie die von Barney Wilen, Bob Brookmeyer, Johnny Griffin, Toots Thielemans, Michel Herr, Charles Loos.
Ende des Jahres 1979 findet in Rom ein für ihn entscheidendes Treffen mit Chet Baker statt. Riccardo Del Fra begleitet ihn danach neun Jahre lang auf Tourneen durch Europa und Japan sowie bei Radio- und Fernsehaufnahmen. Aus dieser Zusammenarbeit entstehen zwölf Alben und Videos („Live in London at the Ronnie Scott’s) sowie der Film „Chet’s Romance in der Regie von Betrand Fèvre.
Anfang 1980 zieht Riccardo Del Fra nach Paris, wo er sich der viel beschäftigten Rhythmusgruppe um den Pianisten Alain Jean-Marie und dem Schlagzeuger Al Levitt anschließt. Gleichzeitig tritt er weiter mit Chet Baker und dem Pianisten Michel Graillier auf. Mit seinem Album „A Sip of your Touch erweist er 1989 Chet Baker seine Referenz und widmet ihm dieses Album, das eine Reihe von Duos mit Art Farmer, Dave Liebman, Enrico Pieranunzi, Rachel Gould und Michel Graillier vereint (Grand Prix Fnac 1989).
Der Komponist und Ventilposaunist Bob Brookmeyer bittet ihn in den 90er Jahren in seinem (europäischen) Quartett zu spielen, sie gehen zusammen auf Tour und nehmen die CD Paris Suite auf (Prix de l’Académie du Jazz 1994). Als Jazz Musiker ist Riccardo Del Fra mehr als vielseitig und aufgeschlossen: er genießt und erkundet jeder Art von zeitgenössischer Musik. 1992 komponiert er „A Silent Call“, ein Stück für Streichorchester und Jazz Quartett, das mit dem Saxophonisten François Jeanneau beim Paris Jazz Festival aufgeführt wird. 1996 beschäftigt er sich mit traditioneller Folkmusik nachdem er zusammen mit der bretonischen Sängerin Annie Ebrel ein Duo gegründet hatte. Ihre CD „Voulouz Loar – Velluto di Luna“ begeistert die Musikwelt und wird mit dem Diaspon in Gold 1999 ausgezeichnet.
In 2004 wird Riccardo Del Fra zum Leiter der Jazz Abteilung des Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse de Paris gewählt. Im Zentrum seiner Arbeit am Konservatorium (wie auch in seiner Musik) steht die Bereitschaft, die Grenzen zwischen den einzelnen Sparten aufzuheben und damit die Zusammenarbeit und Interaktion der einzelnen Abteilungen zu erweitern. Dabei wünscht er sich, Türen aufzustoßen, Verbindungen zu knüpfen und den Austausch zwischen den „vielfältigen Jazz-Welten und den unterschiedlichen Welten der klassischen und zeitgenössischen Musik“ zu befördern genauso wie gemeinsame Arbeiten mit anderen Disziplinen am Pariser Konservatorium anzuregen, wie z.B. dem Tanz.
Riccardo Del Fras Album „Roses and Roots“, veröffentlicht in 2005, ist nicht nur Zeugnis des großen Vergnügens mit jungen Musikern des Konservatoriums (Joey Baron natürlich ausgenommen) zusammen zu arbeiten, sondern auch dafür, gemeinsam mit ihnen nach neuen Quellen der Inspiration zu suchen.
Im Jahr 2003 wird Riccardo Del Fra mit dem Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres vom französischen Kulturminister ausgezeichnet. Im November 2006 erhält er den renommierten Django d’Or und in 2008 den Prix du Musicien Européen de l’Académie du Jazz.
Das Ensemble Intercontemporain – seit seiner Gründung durch Pierre Boulez im Jahre 1971 bekannt als eines der besten Ensembles für zeitgenössische Musik - vergibt im Jahr 2009 zwei Kompositionsaufträge an Riccardo Del Fra. Die beiden Werke „Sky Changes“ und „Tree Thrills“ werden im März 2009 unter der Leitung von Susanna Mälkki aufgeführt, Solist ist Dave Liebman, Saxophon. Im Oktober 2010 kommen die beiden Werke in New York an der Manhattan Scholl of Music nochmals zur Aufführung, wiederum mit Dave Liebman am Saxophon. Eine gleichnamige CD ist 2012 beim Label Jazzheads, New York erschienen.
2011 beauftragt das internationale Jazzfestival Marciac Riccardo Del Fra mit der Konzeption und Komposition einer Ehrung an Chet Baker, mit Roy Hargrove, Trompete, Pierrick Pedron, Altsaxophon, Bruno Ruder, Piano, Riccardo Del Fra, Kontrabass und Billy Hart, Schlagzeug sowie dem Orchester des Konservatoriums von Toulouse. Mit dieser Hommage an Chet Baker, die von TV Mezzo mitgeschnitten wird, entwirft, arrangiert und komponiert er eine klangvolle Welt, in der Jazz- Standards eine spezielle Dichte und dank der Orchestrierung auch eine samtige Weichheit erlangen. Hier treffen die Stimmen aus der Jazz – und der Klassikwelt in einer fließenden und glänzenden Spannung zusammen.
Das Projekt tourt erfolgreich in Quintett-Besetzung und wurde u.a. in 2013 zum Berliner Jazz Fest eingeladen. Im Anschluss spielte Riccardo Del Fra die Hommage My Chet My Song mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg ein, die CD erschien am 22.September 2014 bei Cristal Records in Frankreich und Deutschland, die CD in 2015 veröffentlichte das Label Parco della Musica die CD in Italien.
Mit Open Book schlägt Riccardo Del Fra in 2015 ein neues Kapitel seines eigenen Buches auf. Dazu nimmt er die Hörer mit auf eine faszienierende und traumartige musikalische Reise, bei der scheinbar einfache Melodien und Kompositionen voller chromatischer Fülle elegant und feinsinnig miteinander verschmelzen. Die Zusammenarbeit mit deutsch-französischen Musikern erwies sich als sehr fruchtbar und daher führt er diese Idee weiter fort und erweitert sie. Mit Open Book führt er unterschiedliche Generationen zusammen und wählt hierfür Musiker aus, die bereit sind für unterschiedliche musikalische Herangehensweisen - von der Jazz-Tradition bis hin zur zeitgenössischen Musik.
Riccardo Del Fras neuestes Projekt "Hoffnung - Espoire-Nadzieja" entstand in Zusammenarbeit mit der Stifutng Genshagen und wurde dort erstmals am 3. November 2016 aufgeführt. Nach weiteren Konzerten in Paris und Wroclaw wurde die deutsch-französisch-polnische Band ins Römische Parlament eingeladen, um dort im Rahmen der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge im Palazzo Montecitorio aufzutreten und Europa mit einem weiteren Land zu feiern: in Italien Speranza.
Nach zalhreichen Konzerten in Europa ging Riccardo Del Fra mit seinen neuen Komposition ins Studio. Mit dabei als special guest war Kurt Rosenwinkel, Gitarre sowie wieder mit dabei Tomasz Darbrowski, Trompete, Jan Prax, Alt- und Sopransaxophon und Carl-Henri Morisset, Piano. Neu hinzu kamen Rémi Fox, Bariton - und Altsaxophon & Jason Brown am Schlagzeug. Das Projekt "Hoffnung" war der Ausgangspunkt für Moving People, das nun zu einer Band mit Musikern aus vielen unterschiedlichen Ländern und Generationen wurde. Die Migration der Völker, die Menschheit in ihrer Verletzbarkeit und ihrer gleichzeitig einzigartigen Lebenskraft, der "Andere" uns gegenüber, der uns bewegt - all das steht im Zentrum von Moving People.
Das Album Moving People ist auf Cristal Records veröffentlicht, Vertrieb: edel Kultur. Das französische Jazz Magazine verlieh den CHOC und Radio France le choix de france musique.